Eine Coachinggeschichte zu Schicksalsschlägen und gelungenen Neuorientierungen
Das Schicksal wirft uns oft Stolpersteine in den Weg und das Leben läuft selten wie geplant.
Doch was du aus diesem Leben machst, mit welchem Blick du es betrachtest, entscheidest immer du allein! Dazu möchte ich dir die Geschichte von einer jungen Frau namens Kathrin erzählen, bei der vieles so gar nicht nach Plan lief und doch am Ende alles gut wurde:
Als ich Kathrin kennenlernte, wirkte sie fast etwas unscheinbar: schlank, hellbraune Haaren, blasses Gesicht. Wie kann man nur im Sommer so blass sein, habe ich mich damals gefragt. Naja, ich habe dann doch schnell begriffen, dass das was mit Kathrins großer Leidenschaft zu tun hatte, die man nun mal eher selten im Freien ausübt: Kathrin spielte Klavier.
Wenn man Kathrin Klavier spielen hörte, dann lauschten alle fasziniert. Ihre tanzenden Finger über den Tasten des schwarzen Lackflügels, ihre grünen schimmernden Augen, der grazile Körper, alles schien eins zu werden mit den Tönen, die sie durch den Raum schwirren ließ.
Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte Kathrin mit 14. Ihr Herz hämmerte damals wie verrückt, so aufgeregt war sie. Doch mit der Zeit genoss sie es immer mehr – besonders den Applaus nach dem Konzert. Dieser fantastische Applaus, der einen berauschen konnte und der auch Kathrin berauschte und den sie schließlich immer mehr brauchte. Je länger der Applaus, desto besser. Kein Leben konnte schöner sein als dieses, keine Zukunft vielversprechender als ihre.
Kathrins beste Freundin Maria spielte Klarinette und die beiden übten oft stundenlang Stücke zusammen ein. Nach dem Abitur gingen sie gemeinsam auf die Musikhochschule. Sie hingen stets wie Pech und Schwefel zusammen. Nun waren sie bereits im letzten Semester und träumten von großen Karrieren und donnerndem Applaus, als das Schicksal zuschlug. Auf dem Weg zu einem Konzert nahm jemand Kathrin die Vorfahrt. RUUUMMMS !!!!
Als Kathrin im Krankenhaus aufwachte, waren ein Bein und eine Hand komplett bandagiert. Ihre Mutter saß am Bett und lächelte sie beruhigend an. „Was ist passiert?“, versuchte sich Kathrin zu erinnern. Ein halbes Jahr und viele Rehastunden später konnte man schon sagen, dass Kathrin glimpflich davon gekommen war: Ihr Bein war zwar um einiges an Metall angereichert worden, doch das war schließlich nur eine vorübergehende Angelegenheit. Viel schlimmer war, dass ihr linker Ringfinger für immer steif bleiben würde. Vorbei der Traum von der Karriere als Konzertpianistin! Vorbei! Kathrin war verzweifelt: „Warum ausgerechnet ich? Warum?“, fragte sie sich immer wieder. Doch auch ihre Freundin Maria wusste darauf keine Antwort.
Wenig später bekam Maria eine Stelle in einem Orchester in New York und die Wege der Freundinnen brachen auseinander. Während Maria auf der Überholspur des Lebens weitermachte und ihren Traum lebte, blieb Kathrin verzweifelt auf der Standspur zurück und wartete und wartete.
Zwei lange Jahre der Funkstille folgten. Kathrin war gerade in der Innenstadt unterwegs, als sie auf einmal Maria vor einem Café traf: Schwarze Hose, weiße Bluse, ihre blonden Haare in kunstvolle Wellen gelegt. Maria wirkte zeitlos elegant.
„Hallo Kathrin“, meinte diese zögernd und hauchte zwei Luftküsse neben Kathrins Wangen. Kathrins hellbraune Haare waren zu einem schlichten Pferdeschwanz gezähmt. Mit Jeans und T-Shirt wirkte sie eher sportlich als elegant. „Hallo Maria, schön, dich wiederzusehen!“
Nach ein paar hölzernen Floskeln sprachen sie eine ganze Weile über Marias aufregendes neues Leben in den USA und den Konzertsälen dieser Welt. Kathrin wollte alles wissen, saugte sämtliche Einzelheiten in sich auf.
„Kathriiiin!“ Auf einmal kam ein kleines Mädchen mit einem hellen Schrei auf Kathrin zugeschossen und umarmte sie. Kathrin wechselte ein paar liebevolle Worte mit dem Mädchen, bevor dieses wieder zu seiner Mutter zurücklief.
„Wer war denn das?“ fragte Maria verwundert
„Ach, das ist die kleine Melanie, aus der Musikschule, in der ich unterrichte. Die Musikschule für hochbegabte Kinder. Die Kinder sind so unglaublich, und so dankbar! Maria, das kannst du dir nicht vorstellen! Ich fühle mich so gebraucht. Und weißt du was das Beste ist? Ihr Applaus ist irgendwie auch gleichzeitig mein Applaus – zwar viel leiser, aber dafür umso schöner. Und wenn sie mich dann stolz anlächeln, dann weiß ich, dass es gut so ist – genau so!“
„Dann bist du gar nicht mehr traurig darüber, dass du nicht Pianistin werden konntest?“, fragte Maria ungläubig. Doch ein Blick in Kathrins leuchtende Augen machte jegliche Antwort überflüssig.