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Wer sagt dass Kinder glücklich machenRezension des Buches „Wer sagt, dass Kinder glücklich machen?“ von Eva Gerberding / Evelyn Holst, südwest-Verlag, 2012

Dies ist ein sehr humorvoll, mit leichter Feder und etwas provozierend geschriebenes Buch von zwei Müttern über eine allzu glorifizierte Elternschaft. Bei dem Buch handelt es sich um einen Rat- und Trostgeber für Eltern. Warum ich als kinderlose Frau das Buch trotzdem gelesen habe? Der Titel „Wer sagt, dass Kinder glücklich machen?“ hat mich sofort angesprochen, behaupten Eltern doch meist, dass eigene Kinder das Schönste im Leben sei, das einem wiederfahren kann. Vielleicht eine zu einseitige Sicht?

Die meisten Mütter würden wohl bejahen, wenn man sie fragen würde, ob ihre Kinder sie glücklich machten. Weil sie ihre Kinder aufrichtig lieben und weil sie ihr Lebensmodell vor sich selbst verantworten müssen. Wer gibt schon freiwillig zu, dass das Leben ohne Kinder (aber natürlich nicht ohne die bereits geborenen Kinder) genau so gut sein könnte?

Was bedeuteten eigene Kinder für uns Menschen und speziell uns Frauen? Die Autorinnen sprechen am Anfang von der Vision einer „ultimativen Bindung zwischen zwei Menschen, die den Rest ihres Lebens miteinander verbringen wollen“ und benennen auch, dass die Kinderzeit für viele als „Erholungspause“ vom stressigen Beruf angesehen wird.

Danach sprechen sie viele Problematiken an, denen sich Mütter mit Kleinkindern auf einmal gegenüberstehen, von mangelnder Lust auf Sex über schlaflosen Nächten, kaum einer ruhige Minute für Toilettengang oder einen Blick in die Zeitung, Beziehungsfrust, vielen Trennungen im ersten Jahr der Elternschaft, finanziellen Problemen, Karriereknick, Langeweile mit Kind im Reihenhaus und intellektueller Unterforderung. Weiter geht es dann mit endlosen Forderungen verwöhnter Kinder, vermüllten Kinderzimmern, schweren Krankheiten und Sorgen, pubertierenden „Monstern“, Mütter-Rivalitäten, schwierigen Patchworkfamilien bis hin zu Kindern, die als Erwachsene ein Leben wählen, mit denen die Mütter nicht einverstanden sind und Schwiegertöchtern, die einem die Enkelkinder vorenthalten. Nichts bleibt ungesagt. Fast alle möglichen Horrorszenarien werden angesprochen.

Und wenn auch nicht jede Mutter mit all diesen Szenarien konfrontiert sein wird, so wird sie sich sicher hier und da wiederfinden können. Überhöhte Erwartungen an die Mutter- und Elternschaft können schnell zu Enttäuschungen und schwierigen Abnabelungsprozessen führen. So stellen die Autorinnen dann im Einklang mit zitierten Psychologen fest, dass ein Kind nicht auf der Welt sei, um seine Eltern glücklich zu machen. Ferner betonen sie, dass Kinder nur eine Leihgabe seien und kein Besitz.

Das letzte Kapitel widmet sich auch kurz dem unerfüllten Kinderwunsch. Hierin schreiben die Autorinnen, dass Schwangerschaft immer noch eine Frage des Schicksals oder der höheren Gewalt bleibt und dass die fortschreitende Fertilitätsmedizin Segen und Fluch zugleich bedeuten kann. Ein zitierter Frauenarzt empfiehlt eine Zeitspanne von maximal zwei Jahren für eine Kinderwunschbehandlung. „Danach sind Körper und Seele erschöpft“. Dieser Rat wird natürlich von kaum einer Frau oder einem Paar auch befolgt.

Abschließend stellen die Autorinnen fest: „Wer mit Kindern leben will, braucht dazu keine eigenen“ und empfehlen dafür Adoptiv- und Pflegekinder oder Kinder von Geschwistern, Freunden oder der Nachbarschaft. Gleichzeitig plädieren sie für einen toleranten Umgang mit anderen Lebensmodellen, ob mit oder ohne Kinder.

Als kinderlose Frau kann ich natürlich nicht wirklich beurteilen, ob das Leben mit Kindern wirklich so schwierig und zermürbend sein kann wie im Buch geschildert. Ich empfehle das Buch aber auf jeden Fall auch für ungewollt kinderlose Frauen. Auch wenn beide Autorinnen trotz aller Probleme ihre Kinder aufrichtig lieben und nicht bereuen, Mütter geworden zu sein, so zeigt dieses Buch auch einmal die weniger amüsanten Seiten des Mutterseins.

Denn eines liegt auf der Hand: Frauen, bei denen es mit dem Kinderwunsch nicht geklappt hat, neigen dazu, das Mutterdasein zu idealisieren und nur auf das zu schauen, was ihnen entgeht. Sie schauen kaum darauf, was den Müttern entgeht, wenn sie nächtelang kaum schlafen können, ständig Windeln wechseln müssen, an Kinderzeiten gebunden sind und sich auf dem Spielplatz mit Frauen langweilen, die sie sonst nicht im Traum hätten kennenlernen wollen. Insofern kann dieses Buch hoffentlich auch ein wenig dazu beitragen, einmal einen befreienden Perspektivwechsel vorzunehmen und den Blick zu weiten für die Vorteile eines Lebens ohne Kinder, die es neben den Nachteilen ja auch noch gibt.

Wer ungewollt kinderlos ist und nach der Lektüre dieses Buches immer noch – ohne auch nur den geringsten Zweifel – sich sehnlichst eigene Kinder wünscht, der sollte wirklich die Aufnahme von fremden Kindern in Erwägung ziehen. Insofern kann dieses Buch also auch eine kleine Entscheidungshilfe sein für oder gegen Adoptiv- oder Pflegekinder. Und falls das nicht in Frage kommen sollte oder Zweifel aufgekommen sind, dann empfehle ich eine gründliche Analyse der eigenen Bedürfnisse, um die richtigen Alternativen zu finden.

Denn eines steht fest: frau kann auch ohne eigene Kinder glücklich werden! Glauben Sie es mir. Falls Sie hierbei Unterstützung gebrauchen können, freue ich mich auf Ihren Anruf: 089-90 54 84 55.